Das Weißbier: damals so gut wie heute

Um die Geschichte dieser bundes- und weltweit beliebten Biersorte zu erzählen, muss man etwas weiter zurückreisen, und zwar ins 4. Jahrtausend vor Christus. Es ist überliefert, dass bereits bei den Babyloniern und Ägyptern „weißes Bier“ getrunken wurde. Auf einer Vase, die auf die Zeit um 3.400 v. Chr. datiert ist und am Euphrat gefunden wurde, sind zwei Frauen zu sehen, die aus einem Tonbehälter Bier trinken. Zu jener Zeit stellten Babylonier  und Ägypter ihr Bier direkt aus ungebackenem Brotteig her. Hierzu wurden Bierbrote hergestellt, und die daraus gebackenen Fladen wurden dann in den Tongefäßen mit Wasser und Hefe vermengt und gegärt. In diesem Zusammenhang spricht man auch heute noch, und insbesondere in Bayern vom Bier als „flüssiges Brot“. Somit also kann die Vase als ältestes Dokument des Weißbierkonsums angesehen werden.
Weizenbier oder Weißbier, wie man vornehmlich ja in Südbayern sagt, ist ein obergäriges Bier, das wie schon in Ägypten auch in Deutschland mindestens zur Hälfte aus Weizenmalz hergestellt wird. „Weizen“ und „weiß“ haben zudem denselben Wortursprung. Der Codex Hammurabi, eine Gesetzessammlung aus dem 2. Jahrtausend, enthält weitere Hinweise auf das Alter und die ursprüngliche Herkunft des Weizenbieres: hier sind frühe Bestimmungen über das Bier und das Schankwesen zu lesen sowie feste Preise für den Konsum von Weißbier.

Erstes Weißbier in Deutschland

Das erste Bier und insbesondere Weißbier wurde in Deutschland, nach heutigen Erkenntnissen,  um 800 v. Chr. hergestellt. 1934 entdeckte man die so genannten "Kasendorfer Bieramphoren".  Bei einer näheren Betrachtung dieser Amphoren fanden Wissenschaftler Reste einer Biermaische, die aus vergorenem Weizenschrot stammte.

69 Jahre vor dem Erlass des Bayerischen Reinheitsgebotes, also im Jahr 1441, bestimmte der Münchner Stadtmagistrat die zulässigen Rohstoffe für die Herstellung von Bier, und das sind bekanntlich Gerste, Hopfen und Wasser. Eine weite Verbreitung des Weizenbieres fand in Deutschland in verschiedenen Gegenden ab dem 16. Jahrhundert statt. Im Raum Bayern, das als Heimat des Weißbieres gilt, soll bereits um 1520 ein niederbayerischer Brauer Weizenbier hergestellt haben. Im Jahr 1548 erhielt der Freiherr von Degenberg im niederbayerischen Schwarzach das Privileg, nördlich der Donau Weizenbier zu produzieren. Im übrigen Bayern blieb das Brauen von Weizenbier aber vorerst verboten.

Das sollte sich erst gut 60 Jahre später ändern. 1602 verstarb der letzte Nachfahre aus dem Geschlecht der Grafen von Degenberg und aus dem einseitigen Privileg zum Weizenbierbrauen wurde nun das so genannte Weizenbiermonopol (auch: Weizenbierprivileg oder Weizenbierregal). Große Teile der bayerischen Staatseinnahmen flossen aus diesem Monopol. Die Wirte wurden verpflichtet, Weizenbier auszuschenken. So gelang es Herzog (seit 1623 Kurfürst) Maximilian I., nach und nach die Schulden seines Vaters abzubauen und seinem Sohn einen geordneten Staatshaushalt zu hinterlassen. Der neue bayerische Herzog Maximilian I. errichtete 1607 das erste und älteste noch bestehende Weißbierhaus in Kelheim. Weitere folgten in Cham, Grafenau, Regen, Traunstein, Vilshofen und Weilheim. Mit manchen Städten oder Märkten schloss er Verträge, die ihm einen Großteil der Einnahmen sicherten und die er jederzeit kündigen konnte. Damit lag das alleinige Recht, Weizenbier zu brauen, in den Händen des jeweiligen bayerischen Landesherrn. In dieser Zeit beginnt der vorläufige Siegeszug des Weißbieres, denn nun wurden auch die Weißbierverbote, die das übrige Bayern betrafen, aufgehoben.

Sprung ins 18. Jahrhundert: der Marktanteil des Weizenbieres geht zurück, denn mit einem Gesetz vom 6. August 1798 hebt der bayerische Kurfürst Karl Theodor das Monopol auf. Damals konnte jeder gegen eine Ablösung und jährliche Zahlungen das Recht erwerben, in Bayern Weizenbier zu brauen. Ausgenommen davon war das Weiße Hofbräuhaus in München, das in staatlichen Händen blieb. 1871 wurde  dort zum letzten Mal Weizenbier gebraut.

Das Weißbier heute

Das Weißbier ist heute aus Bayern nicht mehr wegzudenken. Nach etwas ruhigeren Jahren – insbesondere in der Mitte des 18. Jahrhunderts, als das Braunbier dem „weißen Bier“ den Rang ablief – ist das Weißbier heute das Bier, das am charakteristischsten für die Bayern ist. Um 1965 setzte die neuerliche Renaissance des Weizenbiers ein. Heute ist es die stärkste und beliebteste aller bayerischen Biersorten. In ganz Deutschland ist Weißbier erhältlich. Und in ganz Deutschland wird das Weißbier gerne getrunken. Auch Lieferungen ins Ausland zeugen von der Beliebtheit und Bedeutung des Weißbieres.

Viele Namen trägt das Weißbier. Es ist auch als Weizenbier, Weizen oder Weiße bekannt. Hierzu kommen Namen für besondere Sorten wie das Hefe- oder Kristallweizen. Das Kristallweizen hat in den meisten Fällen eine hellere, klarere Farbgebung und wird daher oft auch  „Champagnerweizen“ genannt. Daneben gibt es auch noch dunklere Variationen des Weißbieres, das so genannte „schwarze Weißbier“. Die nussbraune oder tiefdunkelbraune Farbe entsteht, weil ein anderes Malz beim Brauen verwendet wird. Auch der Geschmack verändert sich: im Vergleich mit helleren Sorten ist der Geschmack hier wärmer, malziger, würziger und rauchiger. In der Regel haben diese Weißbiere einen höheren Alkoholgehalt und zählen daher oft zu den Starkbieren. Weizenbier wird traditionell in besonders geformten und unverwechselbaren 0,5-Liter-Gläsern ausgeschenkt. Die spezielle und geschwungene Form der Weizenbiergläser – hohe und schlanke Gläser mit einem dicken „Weißbierstutz'n“ unten zum richtigen Anstoßen - wurde gewählt, damit die Kohlensäureperlen nach oben steigen können und das Getränk auf diese Weise möglichst lange frisch und spritzig bleibt. Es wird kühl getrunken, damit sich die Fruchtnoten entfalten können. Weizenbier ist nicht nur aus diesem Grund auch ein im Sommer gern getrunkenes Bier. Dieses wahrhaft geschichtsträchtige Biergetränk erfrischt und begeistert Jung und Alt noch immer, und das seit 3.400 vor Christus.  

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